Coaching und Lebensweisheiten: Eine Sufi Geschichte…

Die Geschichte von Moses und Khidr
aus : H.B.M. Dervish, Journevs with a Sufi Master, London 1982, pp. 55 – 58
Man sagt, dies sei eine der ältesten und wichtigsten unter den lehrreichen Sufi – Fabeln.

Moses war auf der Reise durch eine Wüste, als er einen Mann sah, den er als Meister Khidr erkannte, der den Ruf hatte, ein geheimnisvoller Engel oder Führer zu sein, der diejenigen Menschlichkeit lehrte, die in Kontakt zu ihm kamen. Der große Sufi Rumi erklärte, daß “Moses” nur ein Name für ein Teil eines jeden Menschen sei; genauso steht “KHIDR” für irgendetwas, das einem wandernden Führer ziemlich ähnlich sieht.

Moses fragte Khidr, ob er ihn auf seiner Reise begleiten könnte, worauf der Meister antwortete, daß er es nur unter dem Vorbehalt könne, daß er keine Fragen stellen dürfe, was immer Khidr auch tun würde.
Der Pakt wurde beschlossen und die beiden wanderten, bis sie zu einem breiten Fluß kamen, den sie ohne ein Boot nicht überqueren konnten. Es gab ein Boot, das einem alten Fährmann gehörte, und es war sein einzigster Besitz, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Khidr versprach, es hinüberzubringen und es auf dem fernen Ufer sicher zu vertäuen.
Als die beiden sicher das Wasser überquert hatten, machte Khidr, wie auch immer, ein Loch in den Boden des Schiffes und versenkte es zur Hälfte in Sichtweite des Fährmanns, der, von dem Paar verlassen, es nicht fassen konnte, weinte und wehklagte.
Obwohl er genug Wahrnehmungsvermögen hatte – im Gegensatz zu den meisten Menschen – um zu erkennen, daß Khidr ein heiliges Wesen war, war Moses unfähig zu verstehen, wie ein spirituelles Wesen und ein Lehrer wie er, auf diese Weise Gutes mit Bösem vergelten konnte. Das sagte er auch. Khidr, wie immer, erinnerte Moses daran, daß er versprochen hatte, keine Fragen zu stellen.
Es ereignete sich nicht viel, bis sie ein Dorf erreichten, in dem sie um einen Schluck Wasser baten. Niemand gab ihnen auch nur einen Tropfen, statt dessen wurden sie von den Bewohnern des Dorfes beschimpft und angeschrien, sie sollten sofort gehen, denn kein Fremder wäre hier willkommen.
Ihr Weg führte sie in die Außenbezirke des Ortes und Khidr hielt plötzlich an einer bröckligen Wand einer Lehmhütte an. Er fragte Moses, ob er ihm helfen wolle, sammelte Lehm und reparierte die Wand.
„Heiliger”, sagte Moses, „ich weiß, daß man seinen Feinden Gutes tun sollte, aber es war sicherlich nicht nötig, so weit zu gehen. Es wäre doch ausreichend gewesen, sich der Beschimpfungen zu enthalten. “. Khidr, wie immer, erinnerte Moses nur an seine Verpflichtung, keine Fragen zu stellen.
Als die beiden Reisenden ein anderes Dorf erreichten, sahen sie einige Kinder auf dem Feld spielen. Khidr schlich sich zu einem der Kinder, packte einen kleinen Jungen, und hielt ihn so, daß das Kind starb.
Dies war der Tropfen, der für Moses das Faß zum Überlaufen brachte.
„Großer und heiliger Khidr”, sagte er, „Ich habe gehört, daß es einen großen Plan gibt und daß Böses geschieht, so daß auch Gutes geschehen kann; aber ich kann es nicht ertragen, es passieren zu sehen. Etwas zu erleben ist nicht dasselbe als nur daran zu denken. Für mich ist das, was Du tust, abnormal und verboten. Ich muß mich von dir trennen, bis Du dich erklärt hast.“
„Ich kann dir selbstverständlich erklären, was ich getan habe, trotz unserer Abmachung”, sagte Khidr. „Aber wenn ich es dir gesagt habe, mußt Du mich sofort verlassen, weil Du damit gezeigt hast, daß Du die Erfahrungen der Sendboten aus der verborgenen Welt nicht ertragen kannst.“
„In jedem Falle werde ich dich verlassen“, antwortete Moses, „all meine Erziehung, die ich hatte, diente dazu, aus mir einen besseren Menschen zu machen, als einen Schurken, einen Mörder und einem, der Gutes mit Bösem vergilt und sie (die Erziehung) lehnt sich gegen das auf, was Du getan hast“.
„Nun höre, Moses, obgleich Du ein guter Mann bist“, sagte der Heilige, „es hat immer eine Bedeutung, weshalb etwas passiert und ein Teil des großen Plans ist nicht vollständig ohne die anderen Teile.“
„Ich selbst arbeite in Übereinstimmung mit einem Plan, den Du nicht siehst. Auch wenn ich nur einen Teil des Plans besitze, kennt nur Gott allein den gesamten Plan. So wie Du ein größeres Wissen hast, als ein völlig Ungebildeter, so habe ich Wissen das größer ist als deins. Dieses Wissen läßt mich Dinge tun und andere nicht tun, und diese Handlungen mögen Dir so verwirrend erscheinen, so wie Du einem völlig Ungebildeten verwirrend erscheinen magst.“
„Ich weiß, zum Beispiel, daß ein Tyrannenkönig auf dem Wege ist, alle Boote zu beschlagnahmen, um seine Armee zu transportieren. Wenn das Boot, das ich beschädigt habe, ganz geblieben wäre, hätten die Sucher es genommen und es wäre niemals mehr an den Fährmann zurückgegeben worden. In seinem hohen Alter wäre er verhungert. Nun werden die Konfiszierer glauben, daß das Boot wertlos ist und es dort zurücklassen. Zur Zeit aber trifft ein bestimmter Zimmermann ein, der das Boot reparieren wird und es dem alten Mann zurückgibt”.
“Und die Mauer, Gutes für Böses zu vergelten – war es bloß eine Geste, um mich etwas zu lehren oder war es etwas, um Verdienste zu erwerben”, fragte Moses, der sich etwas beschämt fühlte.
„Die Menschen, die in diesem Dorf lebten, waren, wie Du dir ja vorstellen kannst, verdorben, gierig und grausam. Es ist ein Topf mit Gold in der Mauer, die der Vater für die Waisenkinder, die dort leben, hinterlassen bat. Die Mauer aber zerbröckelte vorzeitig. Die Kinder sind nicht alt genug, um ihre verfallene Hütte in Besitz zu nehmen, geschweige denn ihr Gold, ihr väterliches Erbe, zu bewachen. Wir haben die Mauer ausgebessert, so daß sie genau bis zu diesem Moment hält, wo die Kinder in der Lage sein werden, ihr Erbe zu beanspruchen und es zu behalten “.
Moses war beeindruckt und begann zu fühlen, daß KHIDR´s Mission tatsächlich etwas ganz besonders Wichtiges war. Aber dann schwamm das Bild des Mordes, der kaltblütigen Tötung eines kleinen Kindes vor seinen Augen. Sicherlich konnte es für solch eine Sache keine einleuchtende Rechtfertigung geben.
„Der Junge wurde getötet, so wie Menschen jeden Alters täglich durch Krankheit, Unfall oder Mord getötet werden,“ sagte der Heilige, „aber in diesem Fall geschah es deshalb, weil es diesem Kind vorherbestimmt war, hätte es weitergelebt, zu einem der größten Übeltäter heranzuwachsen, die jemals gelebt haben. Millionen wären gestorben, die so vielversprechend gewesen wären und ebenfalls geliebt wurden, durch die unvorstellbare Blutgier und Schrecken, die er begangen hätte. “
Moses fiel auf die Knie und weinte: „Heiliger, laß mich dich begleiten! Laß mich meine Unwissenheit und Dummheit wieder gutmachen!“
Aber KHIDR willigte nicht ein und Moses blieb danach innerhalb seines eigenen beschränkten Teils des großen Plans eingesperrt. Viele Menschen glauben, daß Mystiker Menschen sind, die einen Weg zu ihrer eigenen Erlösung folgen, wie in der christlichen Tradition, oder als Lehrer von Jüngern, wie in der indischen Tradition. Aber außer diesen Elementen betonen die Sufis nachdrücklich die weltliche und kosmische Rolle. Sie glauben weitgehend in die mysteriöse Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dieses Planeten verwickelt zu sein.

…und eine weitere Sufi Geschichte gibt es hier.

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